Dekadenz

Décadences

Dokumentation 2x53min Radio Bremen, SWR, ARTE

Premiere Staatliche Museen zu Berlin 2020

Erstausstrahlung ARTE 2020

Teil 1: Sehnsucht nach Lust und Verfall

Erst die Orgie, dann der Untergang: Dekadenz ist der Anfang vom Ende, lautet der Verdacht, für Zivilisationen und Kulturepochen. Doch das ausschweifende Leben von Reichen und Privilegierten ist nur eine Seite der Medaille. Dekadenz und Zerfall reizen in Literatur und Bildender Kunst seit Jahrhunderten auch durch ästhetische Widerspruchskraft und die ironische Brechung von Tabus.

 

Der 2-Teiler beginnt in die Welt der alten Römer an ihrer Lieblingsterme Baia im Golf von Sorrent, erzählt von ihren Gelagen und Gelüsten und folgt dem Mythos vom Untergang der Kulturen über die Kunstepoche der Décadence und des Fin de Siecle bis in unsere Gegenwart. Der Film entdeckt dabei das Dekadente auch als neuen Kampfbegriff der Kulturen.

 

Er trifft dabei auf Kulturhistoriker, Philosophen, Theologen und Soziologen wie Jürgen Wertheimer, Michael Fœssel, Wolf Eiermann und die Tauchlehrerin Cristina Canoro, die den Zuschauer sowohl in die Römerterme von Baia wie nach Neapel, in die Stadt des Untergangs führt. Und er begleitet neue Décadences bei ihren Akten der Provokation und des Dandyismus. So die aktuelle gefeierte Kabarettistin Lisa Eckhart, die in Wien zuhause ist.

 

 

Teil 2: Kampf gegen den Untergang

Dekadenz ist auch der Anfang vom Ende, wenn soziales Verhalten in Egomanie umschlägt und ethische Werte keine Bedeutung mehr haben. Teil 2 folgt dem Fotografen Vincent Jarousseau nach Denain in Nordfrankreich und erzählt von der Wut der Menschen dort auf die Pariser Elite, von der sie sich seit Jahrzehnten abgehängt und vergessen fühlen. Auch neue Klimabewegungen wie Extinction Rebellion unterstellen der globalen Elite ein dekadentes Verhalten, vor allem den Energiemultis, die unsere Welt aus Profitgier zerstören und den Untergang in Kauf nehmen würden.

 

Machtgier und egoistische Süchte von Priester und Theologen sowie die Instrumentalisierung der Religionen für politische Zwecke sind für Kardinal Reinhard Marx, den führenden Vertreter der katholischen Kirche in Deutschland, die Ursache für den dekadenten Niedergang der Kirche.

 

Die Filme zeigen außerdem einen radikaler werdenden Moralismus, der aus der eigenen Mitte der westlichen Welt kommt. Selbst im liberalen Mainstream scheint genährt durch aktuelle Untergangsängste kein Platz mehr für sittliche Extravaganzen zu sein, für dunkle Genies wie z.B. noch im 19. Jahrhundert Oscar Wilde, Charles Baudelaire oder Egon Schiele. Zudem lauert Ungemach von einer neuen negativen Strömung politischer Dekadenz: Populisten, Rechtsextreme in Deutschland und Frankreich und Neo-Faschisten in Italien beschimpfen den westlichen Lifestyle und die Demokratie als verdorben und reden deren Untergang herbei.

Buch & Regie

Wilfried Hauke

Kamera

Ralf F. Gemmecke

Schnitt

Stephan Haase

Musik

George Kochbeck

Produktionsleitung

Hinnerk Jensen

Produzent

Christian Berg

Redaktion

Mechtild Lehning RB, Bernd Seidl SWR, Ulla Hocker ARTE Deutschland, Suzanne Biermann ARTE G.E.I.E.

Produktion

dmfilm und tv produktion